Der lange Weg – Geschichte und Gegenwart der Sinti und Roma in Lübeck
Die Geschichte der Sinti und Roma war lange von Diskriminierung, Verfolgung und Vertreibung geprägt – auch in Lübeck.
Während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft von 1933 bis 1945 erfolgten dort systematisch Schikanen, Verhaftungen, Deportationen und Vernichtung.
Allein am 20. Mai 1940 wurden über 60 Sinti, Sintizze, Roma und Romnja in ein Lager nach Bełżec deportiert.
Über das Schicksal dieser verfolgten Lübecker Familien in der Zeit des Nationalsozialismus gab es bisher nur wenig Informationen.
Ebenso ist weitgehend unbekannt, wie es den Rückkehrern und Überlebenden von ihnen nach 1945 erging.
Immer noch sind in unserer Gesellschaft antiziganistische Einstellungen verbreitet, Verbände und Vereinigungen der Sinti und Roma berichten von andauernder Diskriminierung.
Das Projekt hatte drei Schwerpunkte:
• • • Veranstaltungsreihe
Die Initiative Stolpersteine für Lübeck hat zwei Jahre hinweg das Schicksal von über 100 Sinti und Roma aus Lübeck in der Zeit von 1933 bis zur Jahrtausendwende recherchiert und dokumentiert.
Die Ergebnisse der Recherche wurden in einem umfangreichen Band in der Reihe des Archivs der Hansestadt Lübeck aufgearbeitet.
Der Band wurde am 9. Mai 2023 der Öffentlichkeit vorgestellt.
Die Vorstellung wurde in eine dreiteilige Vortragsreihe eingebunden, für die umfangreich mit Pressemitteilungen, Flyern und Info-Briefen geworben wurde:
• a) 9. Mai 2023: Vorstellung des Buchs/der Recherche im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung in der Katharinenkirche in Lübeck – u.a. mit Vertretern des Verbandes Deutscher Sinti und Roma Landesverband Schleswig-Holstein e.V., der Kultursenatorin der Stadt Lübeck, Frau Frank und Dr. Jan Lokers vom Archiv der Hansestadt Lübeck.
Die gut besuchte Veranstaltung (ca. 90 Teilnehmende) eröffnete der Lübecker Zivilgesellschaft zum ersten Mal einen gründlichen Einblick in den langen Weg der Geschichte der Sinti und Roma in Lübeck. Im Anschluss an die Veranstaltung gab es intensive Diskussionen und Gespräche mit den Teilnehmenden.
• b) 24. Mai 2023, Vortrag: Dr. Frank Reuter: Der nationalsozialistische Völkermord an den Sinti und Roma. Frank Reuter von der Forschungsstelle Antiziganismus am historischen Seminar in Heidelberg zeichnete in seinem Vortrag (ca. 65 Teilnehmende) die Entwicklungslinien der Verfolgung der Sinti und Roma von 1933 bis 1945 nach. Besonders beeindruckend für die Teilnehmenden waren die Berichte über Zeitzeugengespräche.
• c) 1. Juni 2023, Vortrag: Dr. Kristina Vagt vom Gedenkort „denk.mal Hannoverscher Bahnhof“ in Hamburg schilderte in ihrem Vortrag (ca. 50 Teilnehmende) das Konzept und die Vorarbeiten ihrer Gedenkstätte, an das Deportationsschicksal der Sinti und Roma zu erinnern und Erinnerung zu einem Ausgangspunkt für Engagement und Reflexion zu machen. Besonders wichtig in den anschließenden Gesprächen war die Frage, wie Erinnerungsorte ‚lebendig‘ bleiben können.
• d) 6. Juni 2023, Vortrag: Dr. Sebastian Lotto-Kusche vom Seminar für Geschichte der Europa-Universität Flensburg stellte in seinem Vortrag (ca. 40 Teilnehmende) den langen Weg der Anerkennung der Verfolgung der Sinti und Roma in Schleswig-Holstein und Lübeck heraus und gab einen detaillierten Einblick in das Handeln der örtlichen Behörden und Einrichtungen .
• • • Wanderausstellung
Wanderausstellung des Verbandes der Sinti und Roma in Schleswig-Holstein: Der lange Weg – Geschichte der Sinti und Roma in Schleswig-Holstein.
Diese Ausstellung wurde in der Katharinenkirche Lübeck präsentiert (über 30 Schautafeln) und war an vier Tagen pro Woche.
Es hat sich bewährt, die Ausstellung an einem belebten Ort zu präsentieren und so auch Zufallsbegegnungen zu ermöglichen: Viele Besucherinnen und Besucher der Katharinenkirche, die ursprünglich gar nicht auf das Thema Sinti und Roma vorbereitet waren, haben so einen ersten Einblick bekommen in die Geschichte und das Leben der Sinti und Roma in Schleswig-Holstein.
Hilfreich war auch die digitale Präsentation, die gerade jüngere Besucherinnen und Besuchern angesprochen hat.
• • • Workshops
Im Rahmen der Veranstaltungsreihe gab es auch das Angebot an Schulen, Workshops für Klassen zu buchen.
Die Workshops wurden vom Landesverband der Sinti und Roma in Schleswig-Holstein betreut.
Zwei Klassen nahmen das Angebot zu einem solchen Workshop wahr. Dass nicht mehr Klassen auf das Angebot zugreifen konnten, beruhte vor allem auf Termingründen: Der Mai war in den Schulen bereits mit Veranstaltungen, Prüfungen etc. belastet, weitere Veranstaltungen konnten nicht eingebaut werden. Zwei Schulen haben Interesse geäußert, die Wanderausstellung zu einem späteren Zeitpunkt bei ihnen vor Ort zu präsentieren.
Insgesamt, so zeigen Besucherzahlen, Diskussionsbeiträge und Rückmeldungen, haben die drei Bausteine des Projekts viele Impulse und Erkenntnisse vermittelt, um Verständnis für die Geschichte und die aktuelle Situation der Sinti und Roma in Lübeck zu schaffen und antiziganistischen Positionen entgegenzuwirken.
Aktionszeitraum
Vom 21.Februar 2023 bis 18. Juni 2023
Orte
Lübeck
Initiator:innen
Initiative Stolpersteine für Lübeck
Zielgruppen
Personen an 14 Jahre (240 Teilnehmende)
Themenfelder
• Demokratisches Handeln
• Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit
• Rassismus
• Vielfalt und Diversity
• Rechtsextremismus & Rechtspopulismus
• Antisemitismus & Verschwörungsideologien
• Sonstige demokratie- und rechtsstaatsfeindliche Phänomene
Typ der Einzelmaßnahme
Veranstaltunsreihe
Wanderausstellung
Workshops